karibik-trip - wo die plastikpalmen blühen

 

 

 

 

eine der "pflichten" als stadtschreiber ist es, das kulturelle leben der stadt erfurt zu bereichern. eine maßnahme zum thema war, eine eigene lesereihe zu begründen - den KARIBIK-TRIP - erfurts kürzteste lesereihe.

jede woche hat ein anderer autor sich in der sagenumwobenen nachtbar erfurts, der karibik bar, die ehre gegeben. für unschlagbare 17 minuten...

 

mit freundlicher unterstützung von

 

radio f.r.e.i.

kulturdirektion erfurt

hEFt - für literatur, stadt und alltag

 

 

hier ein paar eindrücke und fakten:

 

 

 

 

 

der KARIBIK-TRIP audio trailer
kurzer radio-trailer zum anhören...
karibiktrailer.mp3
MP3 Audio Datei 763.3 KB

 

 

 

 

alexander platz und thomas putz vom erfurter hEFt,  ines beese und ich haben die sehr besondere lesereihe KARIBIK-TRIP ins leben gerufen.

 

Die schnellste Lesereihe Thüringens

am 13.5. startete DIE neue Lesereihe Erfurts. Ausgerechnet und natürlich in der KARIBIK-BAR.

Jeden Dienstag um Punkt 22 Uhr geht das Licht aus, wird der Barbetrieb eingestellt und es gibt genau eine Geschichte zu hören. Jede Woche ein neuer Autor, mit einer neuen, wilden, tollen, lauten oder leisen Geschichte

und maximal 17 Minuten Lesezeit!

Danach geht’s weiter mit der Nacht, mit Bier, mit Barbetrieb. Gespräche, Tanz und das schräge Ambiente der sagenumwobenen und einzigen Nachtbar Erfurts.

Die andere Lesung. In Erfurt. Unter Palmen.

Immer Dienstag.

Immer 22 Uhr.

Immer 17 Minuten.

Und immer Eintritt frei.

 

 

 

CHRONOLOGIE

 

13.5.         Finn-Ole Heinrich

 

20.5.         Andreas Stichmann

 

27.5.         Ralf Rudolfy

 

3.6.           Steffen Quasebarth

 

10.6.         Paulina Schulz

 

17.6.         Stefan Petermann

 

24.6.         Clara Ehrenwerth

 

1.7.           Eberhard Hierse

 

8.7.           Jan Engel (featuring Sebastian 23 & felix römer)

 

15.7.         Ralf Eggers

 

 

 

 

 

 

ZWISCHENBERICHT

 

 

Wo die Plastikpalmen blühen.

 

 

Es ist ungefähr vier Minuten vor elf an einem Freitagmorgen, ich stehe – nun doch mit etwas Herzklopfen – vor der Karibikbar. Ich hatte um neun, um zehn und um halb elf angerufen, um Petar Petrov zu treffen und ihm von meiner Idee zu erzählen, ausgerechnet in seiner Bar, der legendären Nachtbar, eine Kurzlesereihe zu starten. Um neun, um zehn und um halb elf rief Petrov jedesmal in den Hörer: „Rufst du später an, hab ich noch Gäste. Aber schmeiße ich bald raus, den Haufen.“

Es ist ungefähr zwei Minuten vor elf, ich klingele, die Tür geht auf, die Gerüche einer langen, langen Nacht schlagen mir in Gesicht und Nase und ein wenig auf den Bauch. Petar Petrov zieht die Tür weiter auf, mustert mich, grinst dann. Ich finde auf Anhieb, dass er aussieht wie ein bulgarischer George Clooney, er hat Blutspuren auf seinem weißen Poloshirt und kurz, ganz kurz zweifele ich an der Qualität meiner Idee.

Wir trinken Kaffee und ich schwärme etwas übertrieben vom Ambiente seiner Bar, erkläre meine Idee: jeden Dienstag, 22 Uhr, 17 Minuten Lesung, hier. „Hier?“, fragt Petrov und lacht. Ich lache einfach mit und er sagt: „Naja, warum nicht, von mir aus, aber nur 17 Minuten, okay?“ Ich nicke, wir geben uns die Hand, Petrov sagt: „Mal sehen!“, ich sage: „Mal sehen!“.

 

Ein paar Wochen und fünf Karibik-Trips später lacht Petrov jedes Mal, wenn er mich sieht: „Die Stadt muss dir Verlängerung geben! Ich dachte, es kommen drei taube Vögel, aber jetzt ist immer Bude voll!“ Offenbar funktioniert, was wir uns vorgenommen haben. Ich bin von Natur aus vermessen und denke: so richtig gut ist es erst, wenn man fünfzig Leute nach Hause schicken muss, weil sie nicht mehr reinpassen – das ist noch nicht passiert. Aber ich bin doch zufrieden. Der Ort, die Atmosphäre sind einzigartig und reizvoll und bei 17 Minuten Lesezeit kommt man kaum auf den Gedanken, sich zu langweilen, eher wird man wohl gekitzelt, mal wieder ein Buch in die Hand zu nehmen. Der Karibik-Trip ist ein kleiner Literatur-Snack in exotischer Umgebung. Eher Sex, Text & kubanischer Rock'n'Roll als Hochkultur und Gedichtinterpretation.

 

Wir sind gerade kurz vor Halbzeit, noch etwa sieben Mal werden Geschichten vorgelesen, wo die Plastikpalmen blühen, wo die Geschichten wohnen, südlich des Tresens, sozusagen - dann ist das Experiment schon wieder vorbei. So wie meine Zeit als Stadtschreiber leider, leider auch.

Ich kann also nur empfehlen: Kommt vorbei, stürmt diesen Laden, lauscht den immer neuen Autoren, die sich wagen, sich und ihre Geschichten in dieser sonderbaren und so andersartigen Atmosphäre auszuprobieren! Denn klar ist: eine Lesung ist immer nur ein Angebot und lebt erst von und mit denen, die kommen und zuhören. Und wenn es richtig gut läuft, schicke ich euch auch in Heerscharen nach Hause-